Evolution des Callers |
Vorbemerkung zur Anrede
Der
Caller wir überwiegend mit männlicher Anrede als ‘der Caller’
bezeichnet. Natürlich sind damit auch weibliche Caller
angesprochen. Im englischen Sprachgebrauch gibt es keinen Unterschied
vom männlichen zum weiblichen Caller; es heißt schlicht: ‘the
Caller’. In wenigen Fällen, wenn direkt auf das weibliche
Geschlecht als Caller Bezug genommen wird, nennt man dies
Lady
Caller oder
Female Caller.
Die Bezeichnung ‘die Callerin’ wäre eine grob eingedeutschte Übersetzung.
Die Anrede ‘Caller’ gilt also für beide Geschlechter.
Evolution Blenden
wir noch einmal zum Tanzgeschehen des 17. und 18. Jahrhunderts zurück (siehe
Geschichte). Wir stellen fest, dass es auch schon damals
Tanzmeister gegeben hat, die den Tänzern während des Tanzablaufs
Anweisungen zuriefen. Beim Morris
Dance war dies ein Tänzer aus der Mitte der Tänzer. In Frankreich
gab es den Souffleur oder Maitre
de danse. Die Quadrilles, Lancers und Contras in Amerika wurden von
einem Prompter geleitet, den man auch heute noch in diesen Sparten so
bezeichnet.
Der
Square Dance Caller, ureigenes amerikanisches Produkt, wird so genannt,
weil er seine Anweisungen ‘ruft’;
to call = rufen, ausrufen.
Er spricht also nicht
(to speak, to talk, to chat,
to
say) und er singt (to
sing) auch nicht dabei. Die Tanzfiguren werden also ‘gerufen’
und so werden diese als calls
bezeichnet. Die jetzt modernen singing
calls sind demnach ‘gesungene Anweisungen’ und nicht
‘gesungene Rufe’, denn hier wird tatsächlich dabei gesungen. Beim patter calling ist die Art des ‘Ausrufens’ noch erhalten.
Die
ersten Caller hatten eine Doppelfunktion. Entweder tanzten sie mit und
gaben die Kommandos nur für ihren Square, in dem sie gerade mittanzten.
Oder sie spielten ein Instrument, vorzugsweise die Fiedel, und gaben die
Anweisungen an die Tänzer, während sie gleichzeitig ihr Instrument
handhabten. Die Figuren wurden in stakkatoartige Verse eingebunden, die
sich jeder Caller selbst ausdachte. Diese Reime waren aus dem täglichen
Leben gegriffen und manchmal schilderten sie auch örtliche
Begebenheiten. Der dabei typische nasale Singsang in Country-Art war überwiegend
einstudiert. Hier ein Beispiel:
all hands around and don’t
let me ketch you loafin’
balance corners and stop yer
foolin’
ladies in the center and you
there, Ed Timms, shake a leg!
plow
the furrows good and deep, god help the man I find asleep!
Das
Tanzen zu diesen Versen war nicht so schwer, wie sich dies hier anhört.
Die Tänzer dieser Zeit bestanden darauf, vorher zu wissen, welche Figur
als nächstes getanzt werden soll. Heutzutage bestehen sie darauf, nicht zu wissen, was
als nächstes kommt. Man musste damals als Caller nur den gesamten Text
auswendig herunter-rufen/singen. Diese Art wurde von dem modernen Caller,
welcher Figur auf Figur in einer ihm passenden Folge aneinander reiht,
abgelöst.
Der
heutige Square Dancer will unvorhersehbare Kombinationen meistern und
nicht auswendig einen Tanz einstudieren. Er will aufgezeigt bekommen,
was in einer bestimmten Figur gemäß ihrer Definition steckt und dies
sofort umsetzen können. Durch diese Elemente aus Überraschung und
Herausforderung entsteht eine persönliche Note, welche jeder Caller für
sich selbst entwickelt. Dies macht für den Tänzer den Reiz aus: „zu
diesem oder jenem Caller zu tanzen“. Der Caller spielt somit die Rolle
des Entertainers. Der Erfolg eines Callers steht und fällt mit seiner
Art, mit
den Tänzern zu
spielen, sie zu fordern, aber nicht zu überfordern, und ein
Erfolgserlebnis zu vermitteln.
Die
Anforderungen an den Caller wuchsen mit dem erwachten Verlangen der Tänzer
zusehends. Es genügte nicht mehr, die alten Figurenfolgen zu
wiederholen. Eine bestimmte Sequenz konnte höchstens zweimal
hintereinander präsentiert werden, danach musste der Caller eine neue
Reihenfolge anbieten. Dies führte dazu, dass der Caller eine Menge an
Tanzteilen als gesamten Block auswendig lernen musste. Die Caller
konnten sich aber schließlich nicht alles merken. So notierten sie sich
ihre ausgedachte Choreographie und lasen die Sequenz einfach ab. Der
Blickkontakt zum Tänzer litt aber darunter und damit auch die Fähigkeit,
gutes timing zu produzieren.
Sich auf das wirkliche Können und die Resonanz der Tänzer schnell
einzustellen und umzuschalten, war nicht mehr gegeben. So wurden Systeme
entwickelt, die dem Caller mit möglichst geringem Aufwand
erlauben, dem Tänzer ein Maximum an choreografischer Variation zu
bieten.
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