Was macht Square Dancing so attraktiv?

Zurück Home Nach oben Weiter

Zweifellos ist das Tanzen an sich eine der weit verbreitetsten Freizeitaktivitäten. Es gibt niemanden auf der Welt, der sich nicht von irgendeiner Art von Musik angezogen fühlt und dabei instinktiv mit dem Fuß den Takt mitwippt. Dieser Instinkt ist angeboren, aber diese Bewegung ist vergeudet, solange nicht der ganze Körper mitschwingt. Tanzen: wer es kann, ob gut oder schlecht, wird immer wieder das Tanzbein schwingen. Wer tanzt, zeigt, dass er kontaktfreudig ist. Der Tänzer wird vom Nichttänzer beneidet. Es gibt tausend Gründe, die jemanden zum Tanzen treiben. Ob zum semiprofessionellen Turniertanz als Sport oder zum Discobesuch, um die Trommelfelle zu strapazieren und die dumpf hämmernden Bässe auf die Bauchdecke wirken zu lassen oder einfach nur in der Absicht, jemanden kennen lernen zu wollen. Es ist seit Jahrhunderten die leichteste offiziell erlaubte Attacke auf das andere Geschlecht.

Tänzer sind aktiv, Zuschauer sind passiv. Tanzen befriedigt unser Verlangen, Rhythmus auszudrücken, sich nach der Melodie zu bewegen, nicht aussprechbare Gefühle zu zeigen oder zu vermitteln, Körper und Seele zu entspannen, sich ‘frei’ zu fühlen. 

Warum aber ausgerechnet Square Dance? Vielleicht ist es das Gruppenerlebnis, wie bei so vielen anderen Mannschaftssportarten. Schätzungsweise 50% aller Square Dancer werden durch Bekannte geworben, welche die Vorzüge begeistert schildern: „Die ganze Familie kann daran teilnehmen, wir sind eine nette Gruppe, wir haben Platz und dadurch Spaß am Tanzen, es ist ein billiges Hobby, es gibt keinen Leistungsdruck, es ist kein oder wenig Alkohol im Spiel, es gibt immer wieder etwas Neues und es wird nicht langweilig, wir mögen diese Musik, wir lernen viele neue Freunde kennen, wir unternehmen viel zusammen“.  Viele Square Dancer wurden so überredet und haben es dann ohne zu bereuen versucht. Es gibt auch viele, die nur unter leichtem Zwang dazu gebracht werden konnten. Komischerweise wurden gerade diese dann später zu richtigen Fans. Meist sind es die Frauen, die ihre Partner zu einer gemeinsamen Aktivität drängen. Sei es mit Überredungskünsten, mit Versprechungen, mit Drohungen oder gar unter Tränen. Schließlich gibt ER nach, mit der Mentalität: „Du kannst zwar ein Pferd zum Wasser führen, aber es nicht zwingen zu saufen“.

Diese Ignoranten unterliegen einigen Trugschlüssen. In Ihrer nicht zugegebenen Angst: „ich blamiere mich, weil ich nicht, oder nicht gut tanzen kann“, erwarten sie, eine Art Turniertanz durchstehen zu müssen. Mitnichten: wer gehen und hören kann, ist normalerweise in der Lage, Square Dance zu erlernen. Man braucht noch nicht einmal im Rhythmus zu latschen; das stört niemanden. Das Rhythmusgefühl kommt entweder später von selbst, oder die rhythmisch total unbegabten erfahren gerade deswegen  ein tänzerisches Erfolgserlebnis.  Alles, was zu tun ist, wird genau erklärt, und das überwiegend in Deutsch!

Der zweite Trugschluss ist: „das ist bestimmt dieses hinterwäldlerische Hillbilly-Fiedel-Gedudel mit Cowboyhüten, rauen Manieren und Sauferei“! Falsch! Die Musik ist zwar überwiegend Country-style, aber auch mit populären Schlagern, Evergreens, modernen Hits oder Liedern aus Musicals und Filmen  angereichert. Das gemeinsame Tanzen ist geprägt durch Rücksichtnahme, Aufmerksamkeit, Gastfreundschaft, Höflichkeit und Wohlwollen dem anderen gegenüber. Square Dance hat seine eigene Mode: sauber, gepflegt und ohne ‘Stetson’. Der Genuss von Alkohol ist vor und während des Square Dance verboten. Dies würde die Konzentrationsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Mit dieser Abstinenz nimmt man auch Rücksicht auf seine Mitmenschen. Bei der afterparty, der Party ‘danach’, darf man dann das Versäumte nachholen.

Die dritte Fehleinschätzung ist: „das ist bestimmt eine schweißtreibende körperliche Anstrengung, und ich bin nicht bereit, mich zu quälen“. Auch das ist nicht richtig. Natürlich bewegt man sich, aber Kraft sparend, ohne Hüpfschritte und mit entsprechenden Pausen. Jeder kann selbst wählen, wie viel er sich zumuten will. Niemand ist gezwungen, den ganzen Abend zu tanzen. Wer dies so haben will: gerne, auch das ist möglich und ein bisschen Transpiration zeugt von angeregtem Kreislauf, ist also gesund. Square Dance ist eine der wenigen Aktivitäten, die bis ins hohe Alter mühelos praktiziert werden kann. Wer viel Square Dance tanzen will, kann dies auch haben: für wenig oder gar keinen Beitrag kann man alle sieben Tage in der Woche tanzen, wenn man die umliegenden Vereine besucht oder die größeren Wochenendveranstaltungen aufsucht. Entfernungen sind für echte Square Dancer ohnehin kein Hindernis. Tanzen ist auch eine Alternative zur Trimm-Dich-Bewegung und hält fit. Der durchschnittliche Square Dancer legt im Laufe eines Tanzabends ungefähr 4 Kilometer zurück, nachweislich! Viele von uns würden dies nicht freiwillig nur zur Körperertüchtigung tun. Also, warum nicht tanzend und unbewusst?

Nachdem diese Fehleinschätzungen mit Argumenten entkräftet wurden nun zu einigen Vorteilen, die andere Tanzaktivitäten oder Sportarten nicht, oder nur wenig haben:

Jeder sucht ein Betätigungsfeld, in dem er seine Interessen am besten verwirklichen kann. Square Dance kann dazu beitragen, wenn die Erwartungen und Ziele in dieser Richtung übereinstimmen. Das können viele Gründe sein: Ausgehen zur Erholung und Entspannung, mit Freunden, Nachbarn und der Familie oder die Möglichkeit, einen neuen gleich gesinnten Bekanntenkreis zu erschließen. Nationale und internationale Freundschaften entstehen und neue Eindrücke erweitern den Horizont. Square Dance ist verbindend und steht jedem offen, jedoch ohne Wettkampf-Atmosphäre. Die Masse der Tänzer sind „normale“ Leute mit ernsthaftem Hauptberuf und keine Selbstdarsteller. Dies trifft in großem Maße auch auf die Tanzleiter / Caller zu. Die meisten sind Amateure und betreiben ihr Hobby für wenig Entgelt. Tänzer wie Caller sind aktiv. Sie sind keine passiven Zuschauer, welche sich nur unterhalten lassen.

Die persönliche Herausforderung, im Tanz mehr leisten zu wollen als es die instinktive Bewegung im Rhythmus zur Musik bietet, wird von vielen Tänzern direkt gesucht. Der Leistungsdruck ist aber nicht so hoch wie beim Turniertanz. Mit einem Minimum an Voraussetzungen wird, dank eines Callers, Verantwortung, Kreativität und Choreographie geteilt. Square Dance verlangt mehr Kopfarbeit als Beinarbeit, und obwohl mehrere Paare beteiligt sind, bleibt die persönliche Note erhalten. Die Vielfalt der Tanzfiguren und Kombinationen untereinander, der nie endende Wechsel in Figurenfolgen faszinieren immer wieder. Der Stolz, eine komplizierte Kombination mit anderen Paaren erfolgreich beendet zu haben, ist einer der schönsten Augenblicke eines Square Dancers.

Die finanziellen Ausgaben halten sich in Grenzen und sind im Vergleich zu Tanzkursen oder nicht Erfolg garantierenden Tanzveranstaltungen geradezu billig. Der Erfolg ist hier garantiert. Dies hat in Deutschland dazu geführt, dass überwiegend junge Altersgruppen und Familien zu diesem Hobby drängen. Fragt man einen langjährigen Square Dancer, warum er dieses Hobby betreibt, wird er vielleicht antworten: „ es gibt so viele Gründe, es zu tun, dass ich schwer einen finde, es nicht zu tun. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich meine Freizeit früher verbracht habe“.

Wir wollen nicht euphorisch werden, denn es gibt überall auch Zeitgenossen, welche nur nehmen, aber nicht geben können. Es ist ein schwacher Trost, dass es wohl überall auch schwarze Schafe gibt, welche sich der Sache unwürdig und kontraproduktiv erweisen. Darunter leiden nicht nur andere, sondern auch die im ganzen schöne Aktivität, welche dann bloßgestellt, blamiert und in Misskredit gebracht wird.

Es gibt noch einige Gründe in physischer und psychologischer Hinsicht, welche zwar in anderen Aktivitäten auch zu finden sind, aber bei Square Dance hohe Beachtung finden. Die körperliche Belastung wurde bereits erwähnt, aber auch der Verstand wird trainiert. Bestimmte Bewegungen erfordern Koordination und Reaktion von Geist und Körper, außerdem Training der Nerven und einiger sonst unterentwickelter Muskelpartien. Dieses Training führt oft schon zu halbautomatischer Ausführung einer gehörten Figur, die ohne groß zu überlegen, vom Körper ausgeführt wird. Es wurde z.B. beobachtet, dass Square Dancer mit Muskelkater vom Ski fahren die Belastungen des Tanzens am Abend mühelos ertrugen, sich sogar dabei entspannten und die überbelasteten  Muskelpartien lockerten.

Auch der Geist braucht Entspannung. Die täglichen beruflichen Anforderungen, der Stress, die Hektik und der Alltagsärger brauchen ein Ventil. Nur zu Hause zu sitzen bringt nichts. Hat man eine Familie, leidet auch sie darunter. Die Tagesgeschehnisse ziehen noch einmal an einem vorüber und fördern keinesfalls die geistige Entspannung und den Schlaf. Hier hilft Square Dance besonders. Man ist gezwungen, etwas anderes zu hören und sich darauf zu konzentrieren. Eine andere Umgebung und eine total andere Gesellschaft tun das übrige dazu. Wissenschaftler bestätigen, dass die Fähigkeit zu  geistiger Entspannung auch zu einer höheren Lebenserwartung führt. In hohem Alter hält Square Dance geistig fit. Der jüngeren Generation, die stärker gefordert werden will, bietet Square Dance einige erweiterte Programme..

Psychologische Bedürfnisse jedes einzelnen müssen ebenso befriedigt werden wie die physischen durch Bewegung und Ernährung. Diese psychologischen Bedürfnisse äußern sich z.B. im Streben nach der Befriedigung, etwas erfolgreich zu vollenden, Erfolg zu erzielen, neue Erfahrungen zu machen, ein Sicherheitsgefühl zu erreichen und das Streben nach Anerkennung. Diese Grundbedürfnisse können auf vielerlei Arten gestillt werden. Square Dance bietet sich ebenfalls als Ventil an, diese Ziele zu erreichen. Befriedigung, einen Tanz fließend durchgestanden zu haben, Erfolg und Anerkennung, als Teil der Gemeinschaft akzeptiert zu werden. Eine organisatorische Aufgabe erfüllt zu haben oder die Erfahrung, eine neue Figur gelernt zu haben, Sicherheit, die angesagte Figur korrekt und ohne zu zögern ausführen zu können bringt psychologische Stärkung für die Persönlichkeit.

Werden diese persönlichen Bedürfnisse nicht ausreichend anerkannt und erreicht, wird der Betreffende die Aktivität verlassen und sich anderen Tätigkeiten widmen. Andererseits gibt es viele Tänzer und Caller, welche  diese Bedürfnisse nicht nur teilweise, sondern überwiegend mit Square Dance befriedigen. Im Extremfall kann Square Dance so zum einzigen Lebensinhalt werden. Das kann und darf auch nicht erstrebenswert sein!

Das Gemeinschaftsgefühl ist bei Square Dancern besonders ausgeprägt. Square Dance ist eine Tanzform, in der jeder sein persönliches Engagement in den Dienst der anderen sieben Tänzer im Square stellt. Nur dieses acht-Tänzer-Team garantiert zusammen mit dem Caller den Erfolg.....oder Misserfolg. Allein die Tatsache, dass man sieben weitere Tänzer benötigt, eine Aufgabe miteinander zu lösen, erfordert ein gewisses Maß an gemeinsamer Anstrengung, gutem Verhältnis zueinander und die Erkenntnis, nur ein Glied in einer Kette zu sein, die nur in der Gesamtheit Erfolg verheißt. Alle die Square Dance begleitenden Effekte wie Organisation, Vortanztermine, Partys, Veranstaltungen etc. vertiefen nur dieses soziale Gemeinschaftsgefühl.

Square Dance überbrückt nicht nur Grenzen, sondern kennt auch keine Generationsprobleme. Der Slogan ‘von acht bis achtzig’ trifft hier tatsächlich zu. Erziehung: dies kann man hier auch bei Erwachsenen nachholen, man muss es nur nicht so bezeichnen. Der Caller hat hier eine besonders delikate Aufgabe zu erfüllen, jedes Mitglied zu einem Gemeinschaftsdenken zu bewegen. Er muss sich  Gehör verschaffen, Tänzer zum Zuhören zwingen, Regeln und Höflichkeitsformen vermitteln, zur Zusammenarbeit anregen und auch Verbote durchsetzen. Wer sich diesen Anforderungen nicht fügen kann, ist für Square Dance nicht geeignet. Dominierende Machos, überempfindliche Mimosen, grölende Zwischenrufer, nörgelnde Kritiker, grantige Eigenbrötler oder affektierte Ich-Menschen sind kein Verlust für jede Gemeinschaft.

Square Dance kann auch ein sehr wichtiges Erziehungsmittel für Kinder sein. Das Zusammengehörigkeitsgefühl der ganzen Familie wird gefördert. Man begibt sich mit den Kindern auf eine gemeinsame Basis und hat immer Gesprächsstoff. Kinder und Jugendliche sind beim Tanzen viel unter sich und werden auch unter Erwachsenen als gleichwertig behandelt. Sie haben hier viel Bewegungsfreiheit, sind, ohne es zu merken, unter elterlicher Aufsicht und beenden den Abend mit der gemeinsamen Nachhausefahrt. Die Eltern verlieren auch durch das manchmal komplizierte Jugendstadium nicht den Kontakt zu Ihren Kindern, werden offener und toleranter und bleiben dadurch jung. Man darf nur nicht versäumen, die Kinder zum richtigen Zeitpunkt dem Square Dance zuzuführen, bevor sie sich dem elterlichen Einfluss entziehen und andere, oft falsche, Wege einschlagen. Zwischen dem zwölften und fünfzehnten Lebensjahr ist die beste Zeit dazu. Ich spreche hier aus eigener, erfolgreicher Erfahrung. 

horizontal rule

Zurück Home Nach oben Weiter