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Hauptsächlich
und über allem anderen ist die Person des Callers als Führer oder
Leiter einer Gemeinschaft gefragt. Er ist unbestreitbar der Mittelpunkt,
um den sich das Square Dance Geschehen dreht. Er hat den wichtigsten
Einfluss auf die gesamte Aktivität, ungeachtet der Größe des Rahmens:
ob in der eigenen Kellerbar mit nur vier Paaren oder als Profi vor
Tausenden von Tänzern in einer riesigen Tanzhalle. Die Organisatoren
eines Square Dance Klubs oder einer Veranstaltung mögen noch so gut
sein und perfekte Arbeit leisten: wenn der Caller versagt, wird jede
Tanzveranstaltung zur Qual und endet als Flop. 75%
des eigenen Erfolgs eines Callers liegt an seiner Persönlichkeit und an
seinem Führungsstil. Dies muss sich erst entwickeln, falls er beruflich
nicht schon einschlägig vorbelastet ist. Wer bereits in einem Lehrberuf
tätig ist/war oder in irgendeiner anderen Weise mit Menschenführung
konfrontiert wurde, hat zwar durch diese Schulung eine gewisse
Erfahrung. Trotzdem müssen sich diese Personen auf die besonderen
Gegebenheiten des Square Dance umstellen und von einem eventuellen
autoritären Führungsstil zu einem toleranteren wechseln. Die
Kunst, Menschen zu führen, ist ein schwieriges Unterfangen. Es
bedeutet, von allem etwas zu haben: Diplomatie, Psychologie, Einfühlungsvermögen,
Entschlusskraft, Entschiedenheit, Durchsetzungsvermögen und Überzeugungskraft.
Widerspruchsloses Akzeptieren der Wünsche von Tänzern ist genau so
falsch wie preußischer Drill und Befehlston. In einem Fall wird es zum
organisatorischen Chaos, im anderen Fall zur Revolution kommen. Auch
Hilfsbereitschaft und Betreuung bis hin zur persönlichen Belastung
werden oft dem Caller abverlangt, der dann als Leitwolf, Vorbild oder
Ersatzelternteil gefragt ist. Persönlichkeit
hat jeder Mensch. Um andere Menschen führen zu können, bedarf es
jedoch einiger ausgeprägter Eigenschaften, welche sich vom Durchschnitt
abheben. Diese Eigenschaften müssen im Grunde vorhanden sein, können
aber auch erlernt, antrainiert und durch Erfahrung ausgebaut werden.
Erfahrung und Routine ist in diesem Fach ohnehin der wichtigste Faktor.
Auch Kinder und Jugendliche haben bereits Persönlichkeit, die sie befähigt,
andere zu führen. Was fehlt, ist nur Erfahrung. Abgesehen
von den besonderen Fähigkeiten, welche ein Caller haben muss, hilft ihm
eine angenehme Persönlichkeit und seine Integrität, den Weg zu ebnen
und Erfolg zu erzielen. Jeder Mensch ist bemüht, seine besten Seiten
hervorzuheben und seine Schwächen möglichst lange nicht aufzeigen zu müssen.
Begegnen Sie einem Fremden, mit dem Sie bekannt gemacht werden und mit
dem Sie in Zukunft zu tun haben werden, tasten Sie sich langsam an
dessen Persönlichkeit heran. Sie werden feststellen, dass Sie in einer
für Sie typischen Art Ihre Einschätzung vornehmen und wie bei einem
Ritual, Spiel oder Kampf auch Ihre positiven Eigenschaften dabei
einbringen. Der abschätzende gegenseitige Persönlichkeitstest könnte
wie folgt ablaufen: äußere Erscheinung, Gestik und Mimik,
Blickkontakt, Gespräch, Artikulierung, Ausdrucksweise, Argumentierung,
Temperament, Verhalten, Charakter. Ein klares Bild von seinem Gegenüber erhält man in der
Regel aber erst nach längerer Zeit. Führungspersonen unterzieht man
noch einer weiteren Bewertung hinsichtlich Führungsstil, Lehrbefähigung,
Durchsetzungskraft, Verlässlichkeit, Autorität und Rhetorik. Diesen
zweiten Test müssen auch Caller bestehen, wenn sie auf längere Zeit
erfolgreich sein wollen. Über
Pädagogik, Wissensvermittlung, Unterrichtswissenschaft und Persönlichkeitsbildung
sind zahlreiche Bücher erschienen. Wer sich damit intensiv befassen
will, möge diese einschlägige Lektüre studieren. Hier wird darauf
nicht näher eingegangen. Für das Hobby Square Dance bestehen für
Lehrer und Schüler ganz andere Gesichtspunkte. Beide Parteien arbeiten
freiwillig miteinander, ohne jeden Zwang oder Pflicht und frei von persönlichen
Nachteilen und Repressalien. Die Tänzer vertrauen sich ungezwungen
einer Führung an und somit ist der Caller gefordert, seinen Führungsstil
diesen besonderen Aspekten anzupassen. So hängt es viel von seiner Persönlichkeit
ab, wie die zu betreuende Gruppe zusammenwächst, zusammenhält und
zusammenbleibt. Es wird hier vorausgesetzt, dass eine Gruppe von Tänzern
über einen längeren Zeitraum geleitet werden soll. Aber selbst ein
einmaliges Gastspiel erfordert fast dieselben Voraussetzungen, außer dass
schlechte Eigenschaften nicht sofort offenbar werden. Eine einmalige
Show läst sich aber mit gleich bleibendem Publikum (Tänzer) nicht ständig
wiederholen. So ist jeder Caller damit konfrontiert, mit seinem Können
auch seine Persönlichkeit einzusetzen, um die Zügel, die ihm die Tänzer
freiwillig überlassen, nicht vorzeitig wieder abzugeben. Natürlich
ist es als Anfänger besonders schwierig, eine ungewohnte Führungsrolle
zu übernehmen. Man muss auf so viele Dinge achten und das jetzt auch
noch! Es bleibt aber gar nichts anderes übrig, denn sonst werden andere
Organisatoren, die ihren Einfluss schwinden sehen, übermächtig und
dominant, so dass die Aufgabe des Callers zusätzlich erschwert wird.
Diesem Personenkreis signalisiert man am besten Bereitschaft zur
Mitarbeit und bittet um Unterstützung, behält sich aber unverzichtbare
Entscheidungen vor. Die anfängliche Rückendeckung erhält man sicher
auch von den Tänzern, wenn man auf gemeinsames Lernen hinweist. Damit
erhält der Caller einen ‘Anfängerbonus’. Man verzeiht ihm für
eine gewisse Zeit viele Fehler, welche ihm garantiert unterlaufen
werden. Dieses Zugeständnis der Tänzer lässt sich aber nicht beliebig
lange ausschlachten. Diese Zeit muss schnell und intensiv genutzt
werden, um Erfahrung und Routine in diesem neuen Metier zu erlangen. Der
Caller muss sein Hauptaugenmerk darauf legen, die Freude am Tanzen und
an der Aktivität als Ganzes zu vermitteln. Er darf nie vergessen, dass
es für die Tänzer eine freiwillige Tätigkeit ist. Sie suchen
Entspannung, Gesellschaft, Unterhaltung, sportliche oder geistige Betätigung
und Zeitvertreib. All das muss er ihnen bieten und dabei das Gefühl
vermitteln, dass ihre Erwartungen erfüllt werden. Nur dann werden sie
freudig wiederkommen. Der Caller soll auch bedenken, dass er keine
Befehlsempfänger vor sich hat. Er darf nicht dominierend oder gar
diktatorisch wirken. Beschimpfungen, Bloßstellungen und sarkastische
Spitzen über das Mikrofon sind völlig unangebracht. Er sollte sorgfältig
die Worte und die Anrede wählen und durch Beweis~ und Überzeugungskraft
die Gruppe so dirigieren, dass diese, ohne es zu bemerken, wie an
unsichtbaren Fäden geführt wird. Freundliche, höfliche Bestimmtheit
sind die Grundlagen zum Erfolg. Was
für eine Gruppe gut ist, kann für eine andere falsch sein. Jede ist
verschieden. Manche benötigen keinerlei Führung; dann sollte man auch
nichts daran ändern. Don’t fix
it if it ain’t broke = repariere nicht, was nicht kaputt ist! Hat
der Caller eine eingespielte ständige Gruppe zu betreuen, können und
sollen organisatorische Aufgaben auf andere Schultern verteilt werden.
Ist dies nicht der Fall, lasten alle Anforderungen auf ihm und/oder
seinem Partner. Viele andere Kleinigkeiten, welche meist gar nicht vom Tänzer registriert werden, tragen wesentlich zu einer positiven Persönlichkeit bei: Seine Verlässlichkeit, Termine einzuhalten, stets pünktlich zu sein und in allen Belangen berechenbar zu sein und zu bleiben; beispielgebend in allgemeinen und den besonderen Square Dance Benimmregeln zu sein; sein Sinn für Humor und seine Geduld, bei Misserfolgen die Tänzer zu beruhigen und aufzumuntern; sich gegenüber Intolerante durchzusetzen; Schlagfertigkeit und die Fähigkeit, in jeder Situation kühlen Kopf zu bewahren, nicht aggressiv zu werden, taktvoll zu kritisieren und zurechtweisen. Er muss sich Gehör verschaffen können. Er darf niemanden bevorzugen oder benachteiligen und soll jegliche Cliquenbildung im Keim unterbinden. Im Umgang mit Jugendlichen und Senioren muss er Fingerspitzengefühl zeigen und deren Persönlichkeitsrechte besonders berücksichtigen und nicht verletzen. Er darf nie schlechte Laune haben und persönliche Belastungen oder Probleme muss er für die Zeit seines Engagements verdrängen können. |